Wunderbares Feingefühl in alten Räumen

Noch bis zum 6. Oktober 2025 erleben die Besucher des Domquartiers eine außergewöhnlich Verschmelzung modernen Feingefühls mit den alten herrschaftlichen Prunkräumen der früheren Salzburg Fürsterzbischöfe. Mit dem international sehr einflussreichen Bildhauer Tony Cragg erfüllen erstmals zeitgenössische Kunstwerke die gewaltigen Räume des früheren Roms des Nordens. Salzburg zieht jährlich viele Millionen Besucher an. Wie selbstverständlich zieht es diese in prunkvollen Räume der alten Residenz, die äußerlich wie eine Festung wirkt, ehe diese Mauern mit der Sanftheit des hellen Doms verschmelzen.

Schmelztiegel großer Künstler

Salzburg erwuchs schon in frühen Zeiten zu einer Kunst- und Handwerkerstadt. Die früheren Herrscher waren – wie der Titel Fürsterzbischof ausdrückt – sehr weltlich orientiert, hatten aber kirchlich gesehen die Macht eines halben Papstes. So entstand die Bezeichnung „Rom des Nordens“, weil alles Römisch-Katholische nördlich der italienischen Metropole vom Salzachufer aus kontrolliert wurde. Unter Wolf Dietrich von Raitenau wurde Ende des 16. Jahrhunderts die Basis des Domquartiers gelegt. Die Fürsten holten italienische Künstler an die Salzach, weil sie das römische Flair kopieren wollten. So gleicht es einer wunderbaren Fügung, dass die Prunkräume erstmals mit moderner Kunst zu einer Einheit verschmelzen. Dies geschieht mit Werken, die insbesondere für diese glanzvollen Meisterwerke erschaffen bzw. ausgesucht wurden.

Tony Craggs fließender Geist

Der Meister moderner Bildhauerei, dessen fließender Geist überall zu spüren, zählt zu den einflussreichsten Meistern der Moderne. Cragg arbeitet mit allen Werkstoffen. Wenige wissen, dass Cragg einst als Labortechniker für Naturkautschuk arbeitete. In ihm schlägt also ein wissenschaftliches Herz, das aber tief in der Natur verortet ist, sodass er mit allen möglichen Werkstoffen arbeitet. Der 71-jährige denkt mit der Hand und aus der Verbindung von Körper, Geist und Seele entstehen faszinierend fließende, fast schon lebendige Werke, die eine ganz besondere Energie ausstrahlen. Diese Energie strahlt eine Magie aus, die sich wie ein Netz um gesamte Welt spannt und jetzt ihren besonderen Ausgangspunkt ausgerechnet in einer Stadt nimmt, die in ihrem Kern mehr als 100 echte Handwerker vereinigt. Sie alle sind Künstler, Künstler mit Herz.

Das Auge entdeckt, das Herz fühlt

Cragg, der seit vielen Jahrzehnten im deutschen Wuppertal lebt, schafft es, mit seiner handwerklichen Genauigkeit eine sanfte Melange aus Altem und Neuem herzustellen. Gleich zu Beginn scheinen Tische im Gewand Biedermeiers aus einem Kern in verschiedenen Formen herauszufließen. Die Werke faszinieren durch ihre fast schon lebendigen Formen, die diesen eine mystische Strahlkraft verleihen. Je nach Blickwinkel entsteht eine andere Skulptur, die sich manchmal fast schon eins mit dem Betrachter wird. Der Bildhauer schafft es oftmals, weiche, aber kraftvolle Emotionen entstehen zu lassen.

Spielerisch, ausdrucksstark, nüchtern

Gerade spielerisch mit nicht nur einem Ausdrucks des Staunens in den Augen lässt der Gast die vier Köpfe aus iranischem Stein auf sich wirken. Sie erwecken durch ihre außergewöhnliche Farbgebung, die den Fluss der Zeiten zeigen könnte, eine große Freude und fast schon kindliche Neugier, wie sie die Gesichter verändern, wenn wir unsere „Kameraposition“ sanft verändern. Da springen uns nicht einfache neue Gesichter wie aus dem Nichts an. Nein, es ist gleichsam wie ein Vorhang, der sich elegant zurückzieht und somit neue Masken des Seins zum Vorschein bringt. Im Gegensatz dazu nimmt sich die weiß-goldene Figur in einem anderem Raum gerade sachlich-nüchtern aus. Sie wirkt wie eine halbe Weltkugel, eben die Herrscherkugel des einstigen Roms des Nordens. Die Halbkugel glänzt nicht, sie fließt auch nicht, sie wirkt in ihrer nüchternen Sanftheit. Einer Sanftheit, die die vergangene Macht der Herrscher beschreibt. Nicht weit davon entfernt hängt auch der Kaiser Franz Joseph I, der vielen ein Begriff sein wird. 1816 verlor Salzburg seine Eigenständigkeit und wurde dem Habsburgerreich zugeschlagen.

Platz für Träume

Diese alten herrschaftlichen Räume erschaffen gemeinsam mit Tony Craggs Werken Platz für Träume. Dazu passt die Skulptur REM, die vor dem Eingang des Schlafzimmers steht. REM stellt mehr eine analytisch-wissenschaftliche Figur dar. Sie wirkt wie die Zellstruktur des Menschen und symbolisiert in diesem Fall den Schlaf, der für Träume steht (Anmerkung: REM steht für Rapid Eye Movement. Schlaf mit schneller Augenbewegung). In diesem Zeitraum werden viele Emotionen verarbeitet und dadurch die Erholung gefördert. Denn letztendlich sind Träume keine Schäume, sondern stellen faszinierende Geschenke unserer Seele dar, die sich oft darüber ausdrückt. Sie ist so ausdruckvoll wie die stilvolle Verschmelzung von Tony Craggs Skulpturen in den hohen, weitläufigen und doch irgendwie sanften Prunkräumen im Domquartier.

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