Die Entscheidung, den geplanten Auftritt des Publizisten Michel Friedman im Literaturhaus Klütz abzusagen, erntet von vielen Seiten bundesweite Kritik.
Die Absage eines Vortrags von Michel Friedman im Literaturhaus Klütz sorgt für Aufregung. Friedman sollte im Oktober 2026 zum 120. Geburtstag von Hannah Arendt über Demokratie sprechen, doch die Veranstaltung wurde abgesagt. Der Leiter des Hauses begründete die Entscheidung mit Druck durch den Bürgermeister, der Störungen durch Rechtsextreme oder Hamas-Sympathisanten befürchtete.

Friedman selbst bezeichnete die Begründung als „peinliche Heuchelei“, da sich eine Demokratie nicht einschüchtern lassen dürfe. Der Bürgermeister nannte im Gegensatz dazu die hohen Honorarkosten als Absagegrund. Die Absage löste parteiübergreifend Kritik aus, darunter von Kulturministerin Bettina Martin und dem Grünen-Politiker Omid Nouripur, der von einem „Skandal“ sprach.
Ein fatales Zeichen gegen die Demokratie
Die Absage des geplanten Vortrags von Michel Friedman im Literaturhaus Klütz ist mehr als nur eine verpasste Gelegenheit. Sie ist ein alarmierendes Signal und ein Kniefall vor den Feinden der Demokratie. Der Vorfall in Klütz zeigt exemplarisch, wie die Angst vor potenziellen Störungen, die von Extremisten ausgehen könnten, dazu führt, dass die freie Rede präventiv eingeschränkt wird.
Die ursprünglich genannte Begründung, man wolle Störungen durch Rechtsextreme oder Hamas-Sympathisanten verhindern, offenbart ein fatalistisches Verständnis von Meinungsfreiheit. Eine wehrhafte Demokratie muss sich der Konfrontation stellen, anstatt ihr auszuweichen. Ein Vortrag, der gerade in diesen angespannten Zeiten über das Fundament unserer Gesellschaft – die Demokratie – spricht, sollte ermutigt, nicht abgesagt werden. Die Begründung zeugt von einer Kapitulation vor der Einschüchterung. Wer aus Angst vor Protesten eine Veranstaltung absagt, gibt den Extremisten genau das, was sie wollen: die Macht zu diktieren, was gesagt werden darf und was nicht.
Widersprüchliche Argumente und moralisches Versagen
Die nachträglich vom Bürgermeister angeführte Begründung der hohen Honorarkosten wirkt wie ein durchsichtiger Versuch, von der eigentlichen Problematik abzulenken. Dieser Widerspruch macht die Situation noch fragwürdiger. Wenn finanzielle Gründe die Absage verursacht hätten, hätte man dies von Anfang an klar kommunizieren müssen. Dass man erst nach heftiger Kritik und der öffentlichen Äußerung Friedmans ein anderes Argument ins Feld führt, untergräbt die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen. Die „peinliche Heuchelei“, die Friedman beklagt, ist hier mehr als offensichtlich.
Diese Entscheidung ist ein moralisches und demokratisches Versagen. Sie sendet eine gefährliche Botschaft: In Klütz scheint man bereit zu sein, die Grundpfeiler der Meinungs- und Redefreiheit zu opfern, um potenziellen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Das ist nicht nur ein lokaler Vorfall, sondern ein bundesweiter Skandal, der zu Recht parteiübergreifend verurteilt wird. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Veranstaltung mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu schützen und damit ein klares Statement für die Demokratie zu setzen. Stattdessen entschied man sich für den Weg des geringsten Widerstands und damit gegen die Werte, die ein Literaturhaus und eine offene Gesellschaft verteidigen sollten.
Beitrag Andreas Schwarz
#news #gesellschaft #politik