DEUTSCHLAND

Das Sterben der Traditionskinos hat begonnen

Rund 80 Prozent weniger Umsatz als vor der Pandemie verzeichnen beispielsweise die seit über 70 Jahren als Familienbetrieb geführten Gröbenlichtspiele in Gröbenzell


Der ältere Herr bringt alle geforderten Bedingungen mit, um den Vorführsaal betreten zu dürfen: Er ist geimpft, hat einen negativen Corona-Test und ist bereit, die knapp zwei Stunden eine Maske zu tragen. Für Kinos haben sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek besonders strenge Vorschriften einfallen lassen:

2G plus, also Impfung und Test (außer Geboosterte) sowie Maskenpflicht. Und es darf auch nur ein Viertel der Sitze belegt werden. Zusätzlich kommt noch hinzu, dass zwei Personen, welche nicht dem gleichen Hausstand angehören, im Kino einen Abstand von 1,5 Meter einhalten müssten.

Das heißt, dass man vor dem Kinobesuch zwar in einem Restaurant zusammen am Tisch ohne Test essen darf – sich beim anschließenden Kinobesuch aber getrennt setzen muss – Logik á la Staatsregierung und ein „Lockdown durch die Hintertür“, wie Sandra von Zabiensky, die Sprecherin des Hauptverbands der deutschen Filmtheater, sarkastisch meint.

Das von Petra Löw geführte Familienunternehmen behauptet sich seit über 60 Jahren auf dem Markt. Neben dem gängigen Filmangebot gibt es immer wieder Schwerpunkte, wie aktuell die Interkulturelle Filmreihe. Um bestimmten Zielgruppen gerecht zu werden, bieten die Gröben-Lichtspiele das Seniorenkino oder auch die jährlich stattfindende Schulkinowoche an. Ein besonderes Highlight sind Live-Übertragungen von Ballettaufführungen des Bolschoi Theaters in Moskau oder von Inszenierungen aus der Metropolitan Opera in New York.

Petra Löw verkauft nicht nur Eintrittskarten, Popcorn und Getränke – sondern sie berät vor allem ihre Stammgäste mit Begeisterung; weiß, welcher Film wem gefallen könnte. Man kann mit ihr richtig fachsimpeln – wozu sie momentan leider viel Zeit hat.

Beim aktuellen Modehaus-Biopic House of Gucci – von dem der Autor dieses Textes meint, den könne man sich wohl vor allem wegen Hollywoodlegende Al Pacino (Der Pate) anschauen – kontert sie: „Ach, der hat doch nur eine Nebenrolle als tattriger alter Seniorchef Aldo Gucci. Aber die Sängerin Lady Gaga in der Hauptrolle seiner bösen Schwiegertochter Patrizia Reggiani – die ist richtig gut!“

Und Lady Gaga sei eben der Name, der auch beim jüngeren Publikum ziehe. Wie es sich für eine richtige Kinobetreiberin gehört, hat Petra Löw auch einen Lieblingsfilm: die Horrorkomödie Tanz der Vampire von und mit Roman Polanski von 1967.

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