DEUTSCHLAND

Vor 400 Jahren geboren – Molière – der Menschenkenner

Vor 400 Jahren ist der französische Autor zur Welt gekommen. Andere Schriftsteller seiner Zeit sind mehr oder weniger vergessen. Molière aber lebt in Graphic Novels und Kinofilmen weiter – und lässt die Heuchelei der Menschen deutlich werden.

Wie ehrt man einen Klassiker? Vielleicht mit einem Kolloquium unter der Kuppel des Institut de France? Unlängst wurden dort anlässlich des 400. Geburtstages von Molière dessen Komödien seziert, als ob es sich um eine Obduktion handelte. Jean-Baptiste Poquelin, der am 15. Januar vor 400 Jahren auf dem anderen Seine-Ufer im Schatten der Kirche Saint-Eustache geboren wurde, hätte an dieser Szenerie wohl seine helle Freude gehabt.

Wahrscheinlich würde Molière, wie er sich ab seinem 21. Lebensjahr nannte, über die gelehrten Abhandlungen und Diskussionen zu seinen Theaterstücken eine beissende Farce schreiben, die das Publikum herzlich lachen liesse.

Molière war ein mutiger Draufgänger, der sich von den Autoritäten seiner Zeit kaum beeindrucken ließ – und sich doch zugutehielt, hoch in der Gunst Ludwigs XIV. zu stehen. Der Sonnenkönig gewährte der Wandertruppe einen festen Spielort in Paris, zunächst den Stadtpalast “Petit Bourbon”, dann den “Palais Royal”.

Da blieben Molière noch 15 Jahre bis zu seinem frühen Tod mit 51. Sie waren angefüllt mit gelegentlicher Liebesverwirrnis und, ansonsten, unaufhörlicher Arbeit. Tagsüber spielte er, was er in der Nacht geschrieben hatte. Seine letzte Komödie war “Der eingebildete Kranke”.

Die meisten philologischen Diskussionen, die sich mit seinen über dreissig Theaterstücken beschäftigen, kreisen übrigens um die Frage, ob es Molière um Gesellschaftskritik gegangen sei oder einfach nur darum, die Menschen zum Lachen zu bringen – als ob das eine das andere ausschliessen müsste!

Im Gelächter, ja durch das befreiende Lachen die Welt zu erkennen und die Mechanismen einer komplexen Gesellschaft zu durchschauen: Das war das Lebenselixier dieses Selfmade-Mannes, egal, ob er Eifersucht, Geiz oder Bigotterie in Szene setzte.

Einer Gesellschaft des Sehens und Gesehenwerdens, der Eitelkeiten und Desillusionierungen und der lustig-grausamen Dialektik von Sein und Schein ist nicht mit dem moralischen Zeigefinger geholfen. Vielmehr tut ihr jemand gut, der ihr den entlarvenden Spiegel vorhält.

Diese Rolle spielt Molière noch immer: Auch 400 Jahre nach seiner Geburt zaubern seine Komödien dem Publikum das Lächeln der Selbsterkenntnis ins Gesicht.

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