Kunst der Leere – Wenn das Leben im Nichts strandet

Der erneute Lockdown wirft alte Fragen auf. Man wird wieder auf sich zurück geworfen. In Berlin gelingt es gerade einer Ausstellung, sich mit dem Thema des leeren Raumes so auseinanderzusetzen, dass produktive Fragen entstehen.

© Stephan Huber

Was passiert mit uns im Moment der Stille, im Moment, wo man nichts mehr zu sehen bekommt – wo man, wie man in Wien so schön sagt, ins Narrenkastl schaut? Und plötzlich einen Reset für den Blick auf Neues bekommt.

„Void“, der leere Raum, ist im Englischen ein stehender Begriff. Gerade in der zeitgenössischen Kunst, aber auch in Gedenkräumen, man denke etwa an Daniel Libeskinds Zubau beim Jüdischen Museum in Berlin, ist der leere Raum zentrales Kompositionsstück, weil er tatsächlich einen Freiraum umreißt, in dem keine Bedeutungen mehr generiert werden müssen.

Der Lockdown könnte neben der Bekämpfung der Pandemie als eine Art Katharsis für die Gesellschaft dienen. Unsere heutige Konsumgesellschaft kann nicht mehr funktionieren. Die Geschäfte haben geschlossen. Der Alltag wird aus dem Alltag gerissen. Erst muss eine Leere geschaffen werden, um etwas Neues zu beginnen.

Der Künstler John Cage bezeichnet den Bereich, in dem nichts passiert, sich nichts zuträgt, nichts zu sehen ist, als den Bereich der „Nichtszusehenheit“. Eine Wortschöpfung seinerseits.

Die Sinne können in einem solchen leeren Raum neu eingestellt werden. Sie werden frei gemacht. Die Berliner Akademie der Künste hat sich genau das vorgenommen. Bis Mitte Dezember ist noch die Schau „Nothingtoseeness – Leere/Weiß/Stille“ zu sehen, die aus der Erfahrungen von Lockdowns geboren wurde, wie die Ausstellungsmacher betonen. Die Leere und das Nichts sind Gegenstand der Schau. Es soll keine Provokation sein. Es soll eine Konfrontation für uns mit unseren Sehgewohnheiten sein.

Bevor wir wieder in die intensive Taktung unser Welt hinausgelassen werden, sollten wir die Stille, die Leere, das Nichts nutzen. Zumindest sehen einige Künstler es auch als Chance die Sinne neu zu schärfen und etwas Neues entstehen zulassen.

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