Ausstellung 27. Okt. – 8. Dez. 2023
In der Malerei von Rūtė Merk wird das Synthetische zur Grundlage der malerischen Geste, die durch digitale Technologien und Modi der Bilderzeugung vorbereitet und informiert wird.
Merks Figuren scheinen wie abstrakte Schemen, die wie grob ausgeschnitten in flache Umräume eingesetzt werden. Sie existieren losgelöst von ihrer Umgebung, die weniger einen realen Raum markiert
als eine mediale Echokammer, einen flirrenden Screen. Sie schweben wie Chiffren; sie werden durchsichtig und lösen sich auf.
Das Digitale durchsetzt diese Figuren so sehr, dass die dazugehörigen Geräte gar nicht mehr gezeigt werden müssen: eine Hand hält ein Mobiltelefon, das verstehen wir, ohne es zu sehen. Merks Protagonistinnen strahlen eine eigentümliche Ruhe aus. Ihre Haltung ist die von Würdenträgerinnen, Heiligen. Sie sind Heldinnen ohne Revolution. In ihren zahllosen Überlagerungen aus Person und Persona, Innerlichkeit und Oberflächlichkeit, Umraum und Figur sind sie Menschen unserer Zeit: voller Gegenwart, aber ohne Vergangenheit, ohne Zukunft.
Diese auf sich selbst bezogenen Global Citizens tragen Outfits, die überall auf der Welt gleich aussehen: Business Casual oder Leisure Wear. Das ist mehr als ein Look, es ist ein Lebensstil: Merks Millenials sind gleichermaßen zerbrechlich, isoliert und hypervernetzt. Umfassende Vernetzung und ständige Erreichbarkeit sind längst zur Norm geworden. Der globalisierte, neoliberale Markt verlangt konstante Zugänglichkeit, Engagement, Aktivität, während Aspekte wie Rückzug, Ruhe, Autonomie und Intimität vernachlässigt werden.
Es gibt kein Offline, kein Ende. Doch neuerdings wenden sich Merks Protagonistinnen von ihren Betrachtern ab. „Lucy“ kehrt zurück in eine leuchtende
Wasserlandschaft. Ihr Körper scheint sich aufzulösen – in Daten, wie im Film gleichen Namens?
„Mir gefällt es, die Kontrolle abzugeben“, sagt Rūtė Merk. „Ich interagiere mit den ästhetischen Entscheidungen anderer Leute, die für ein Bild verantwortlich sind. So ist es mir möglich, Dinge zu finden, die ich so nie selbst arrangiert hätte.“
Aus dieser Prämisse ergeben sich überraschend klassische Fragen an die Malerei: Was ist die Materialität eines menschlichen Körpers oder eines Kleidungsstücks, und wie kann ich sie malerisch darstellen? Wie
lässt sich die Bewegung des Wassers darstellen, wie die Elastizität der Blätter einer Blüte, die Textur eines Fruchtstücks? Doch Vorsicht: die Verlockung des perfekten, glänzenden Objekts verweist auf einen
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Persona.
Looking At The Paintings of Rūtė Merk dunkleren Kontext: das Hard-Edge in der Darstellung ihrer Protagonist*innen und die Motive künstlich hergestellter Lebensmittel und Blumen verweisen auf die Gegebenheiten einer technologisch überformten Existenz und die Prozesse einer allumfassenden Industrialisierung.
Merks Bilder sind aus Daten, Prototypen, Renderings entstanden. Und doch sind sie taktil und ultra-gegenwärtig. Menschliche Körper, Aprikosen, Orchideen, Matcha Latte: künstlich erschaffen und gentechnisch verändert für eine Welt ohne Zukunft, aber voller Brillanz.
Die Menschen und Objekte auf diesen Gemälden verkörpern verschiedene Zeitskalen und -Abschnitte: die tiefe geologische Zeit, die technologische Zeit von Big Data, den eine Genration prägenden Moment
von entfremdeten Millennials und die persönliche Zeit alltäglicher Erfahrungen. Diese spezifischen Momente prägen ihre Existenz unhintergehbar. In Merks Gemälden gibt es keine Trennung mehr von Image und Essenz, von natürlich oder künstlich, von gestern und morgen.
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