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John McLaughlin ist ein Brückenbauer zwischen Rock und Jazz

Als Jazzgitarrist ließ sich John McLaughlin von fernöstlicher Spiritualität leiten. Nun wird er 80 Jahre alt und erfreut sich bester Gesundheit.

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Irgendwann während des Lockdowns 2020 hat John McLaughlin es vielen seiner Kollegen gleichgetan – einfach nur spielen. Und so ist es möglich, dass YouTube und andere Streamingportale heute zahlreiche Wohnzimmer-Konzerte vorhalten, die namhafte Bands unter geringem technischen Aufwand in Heimarbeit produziert und ihren Fans zur Verfügung gestellt haben: die Rolling Stones zum Beispiel, Roger Waters und – mit der ganzen Familie – John C. Fogerty von Creedence Clearwater Revival.

Im Fall von John McLaughlin, der am Dienstag 80 Jahre alt wird, heißt die Band The 4th Dimension, zusammen mit seinen Kollegen Gary Husband, Ranjit Barot und Etienne Mbappe gibt er einen Klassiker seines Mahavishnu Orchestra zum Besten: „You Know, You Know“.

War früher tatsächlich alles besser? „Nicht alles, aber doch einiges“, findet John McLaughlin und lacht dabei. „Die Plattenläden waren noch soziale Orte, an denen man Stunden verbringen, Freunde treffen und sich austauschen konnte.“

Früher, da gab es noch kein Youtube, kein TikTok, keine permanente, unkoordinierte Reizüberflutung, in der sich keiner mehr orientieren kann. Musikhören, das sei für ihn immer eine aktive Tätigkeit gewesen, die den gesamten Menschen erfordere, sagt McLaughlin.

Stattdessen gehe es inzwischen hauptsächlich um Konsum. Einen Burger kann man konsumieren, eine Cola, eine Sitcom; so viel wie möglich mitnehmen. Habt Spaß dabei! Hauptleidtragende sind die Künstler. „Die Plattenfirmen bieten keine Verträge mehr an, die den Musikern eine kontinuierliche Arbeit erlauben. Auch wenn sie vieleKlicks verzeichnen, verdienen sie fast nichts. Viele begabte junge Leute können deshalb nicht mehr von ihrer Musik leben.“

Ein Brückenbauer: Das war John McLaughlin schon immer gewesen. Eigentlich war Miles Davis, auf dessen Meilenstein-Werken „Bitches Brew“ und „In A Silent Way“ der smarte Brite mitwirkte, ja der Architekt dieser Brücke, die Jazzrock oder Fusion hieß. Aber McLaughlin vollendete sie, schmückte sie mit liebevollen Details aus und kümmerte sich um das große Ganze – die Nachhaltigkeit.

Auch die Allianz von indischen und westlichen Kulturen beseelte ihn. „Es war eine vitale Osmose zwischen den Sparten, die heute leider nicht mehr funktioniert. Die Szene ist zersplittert.“ Er und seine Weggefährten hatten es geschafft, eine breite Öffentlichkeit für anspruchsvolle, innovative Klänge zu begeistern.

Musik, davon ist John McLaughlin überzeugt, kehre das Innerste des Menschen nach außen, ohne den Weg übers Bewusstsein zu nehmen. „Ich erlebe es so, dass ich sie nur zulassen muss, indem ich mich öffne und leer werde. Musik ist Mystik. Man vergisst sich ganz, ist nicht mehr in seinem Körper und existiert nur noch im gemeinsamen Klang.“

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