Wie eine junge Intendantin ein kleines Theater zum Erfolg führt

Intendantin und Geschäftsführerin vom „Theater im Zimmer“: Martha Kunicki packt in ihrem Haus mit an, künstlerisch und ganz praktisch, und hat damit Erfolg.

© Bertold Fabricius

Mit „Der Turing Maschine“ ist Intendantin Martha Kunicki im „Theater im Zimmer“ ein Coup gelungen, als sie sich das mit vier „Moliére“-Theaterpreisen ausgezeichnete Stück für das kleine Privattheater in Hamburg sicherte. Nun will sie mehr.

Der Intendantin gelang die deutschsprachige Erstaufführung von „Die Turing Maschine“ von Benoît Solès über die wahre Geschichte eines Genies, das die Welt veränderte. Die Uraufführung der Turing-Maschine am Pariser Théâtre Michel, 2019 inszeniert von Tristan Petitgirard, wurde mit dem renommierten „Molière“-Theaterpreis für „Bestes Stück“, „Bester Autor“, „Beste Regie“ und „Bester Schauspieler“ vierfach ausgezeichnet.

Alan Turing lebte von 1912 bis 1954 und war ein Visionär. Der britische Mathematiker, Logiker und Kryptograph war einer der herausragendsten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts und gilt als Urvater des Computers und der Künstlichen Intelligenz. 

Im Zweiten Weltkrieg gelang es ihm, eine  „Denkmaschine“ zu konstruieren, die den Enigma-Code der deutschen Wehrmacht entschlüsseln konnte. Diese bahnbrechende Erfindung verkürzte den Krieg um mehrere Jahre und Millionen Menschen das Leben rettete.

Turings eigenes Leben endete mit 42 Jahren, tragisch und geheimnisumwittert: Wegen seiner Homosexualität zu einer unmenschlichen Hormonbehandlung verurteilt, beging er 1954 Selbstmord.

Erst 2013 wurde er offiziell von der britischen Königin rehabilitiert. Dass seine Verdienste bis heute von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, ist umso bedauerlicher, als eine intensive Auseinandersetzung mit Alan Turing die aktuellen Diskussionen über Künstliche Intelligenz enorm bereichern könnte.

Die 29-Jährige Kunicki ist eine der jüngsten Theater-Intendantinnen Deutschlands und wohl auch eine der ungewöhnlichsten: Geschäftsfrau, Kulturmanagerin, Philosophie-Doktorandin. Kunicki leitet das private Theater im Zimmer, künstlerisch und geschäftsführend.

Für die Nach-Turing-Zeit denkt Kunicki bereits über neue Stücke und innovative Inszenierungen nach, eventuell eine über Kant, in dem der Philosoph als Hologramm auftritt, oder eines über Beethoven inklusive Konzert, bei dem der Komponist und Pianist selbst am Klavier sitzt.

Zwischendurch will Kunicki noch ihre Doktorarbeit an der Humboldt Universität abschließen. In Berlin hat sie eine kleine Wohnung, dort und in der Uni-Bibliothek tankt sie dann auf – ohne Theater, ohne Handy, oder wenn sie sich eine vierwöchige Auszeit auf den Kanaren nimmt, allein, wie zuletzt im Sommer.

Nur in die Philosophie versunken, in Sachbücher über künstliche Intelligenz, Neurowissenschaften, Umwelt- und Sozialökonomie. Und dann ist da noch die Villa. Gern würde Kunicki den Theatersaal vergrößern, eine Künstlerwohnung anbauen. Das Theater im Zimmer soll wieder zu einem Ort des Kulturaustausches werden mit Theateraufführungen, Nachbarschaftstreffen, Matinees, Konzerten. Das wäre dann der noch größere Coup für das kleine Theater an der Alsterchaussee.

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