Beitrag von Markus Kogler
Robert Kratky, eine der prägendsten Stimmen des österreichischen Radios, verlässt den ORF. Ein Schritt, der nicht nur das Ende einer Ära bei Ö3 markiert, sondern auch eine wichtige Diskussion über den Umgang mit Erfolg und Neid in unserer Gesellschaft anstößt. Während Kratky in seiner Karriere unzählige Hörer:innen begeistert und die Morgensendung zu einem festen Bestandteil des österreichischen Alltags gemacht hat, sieht er sich nun mit einem Phänomen konfrontiert, das vielen erfolgreichen Menschen bekannt vorkommt: dem Neid und Hass, der oft mit großem Erfolg einhergeht.

In den Vereinigten Staaten, wo ich 10.Jahre gelebt habe, wie auch in einigen anderen Ländern, wird der Erfolg des anderen gefeiert. Das Erreichen finanzieller Unabhängigkeit und beruflicher Höchstleistungen gilt als erstrebenswert und wird öffentlich anerkannt. In den USA ist es ein Teil des „American Dream“, dass harte Arbeit und Talent belohnt werden. Wer es schafft, sich an die Spitze zu kämpfen, wird als Inspiration und Vorbild gesehen. Die Geschichten von Menschen, die aus eigener Kraft Großes erreicht haben, dominieren die Medien und motivieren andere.
In Österreich wird der finanzielle Erfolg von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sehr kritisch gesehen. Hohe Gehälter oder Verdienste werden seltener als Belohnung für herausragende Leistungen wahrgenommen, sondern häufiger als eine Bedrohung des gesellschaftlichen Gleichgewichts interpretiert. Diese öffentliche Wahrnehmung, die teils auch durch politische Kommentare beeinflusst wird, löst in den sozialen Medien zu einer Welle von Hass und Anfeindungen, die wie im Fall von Robert Kratky außer Kontrolle geraten.
Robert Kratky hat sich entschieden, diesen Anfeindungen nicht mehr länger Raum zu geben. Sein Abschied ist für mich kein Rückzug im klassischen Sinne, sondern ein Schritt voller Weitsicht und Selbstrespekt. Es ist die bewusste Entscheidung, sich von einer Umgebung zu lösen, die ihm die Freude an seiner Arbeit nimmt. Er hat nicht nur die Morgensendung geprägt, sondern auch bewiesen, dass man mit Talent, Ausdauer und einer authentischen Persönlichkeit ein Millionenpublikum erreichen kann.
Sein Weggang ist ein Verlust für den ORF und seine Hörer:innen, aber gleichzeitig auch ein starkes Signal an die Gesellschaft. Er zeigt uns, dass Erfolg nicht um jeden Preis verteidigt werden muss. Manchmal ist es die größte Stärke, sich aus einer toxischen Umgebung zurückzuziehen, um die eigene Würde zu schützen. Robert Kratky hat uns jahrelang Freude bereitet und mit seiner Arbeit inspiriert. Niemand sollte seine Karriere auf diese Weise beenden müssen. Die Verfasser von ausufernden Hasskommentaren und Drohungen sollten nicht länger anonym bleiben, sondern zukünftig für ihr unwürdiges Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden.
Markus Kogler
#gesellschaft #medien