Im Kinodrama „In Liebe lassen“ spielt Catherine Deneuve eine Mutter, die sich von ihrem todkranken Sohn verabschieden muss.

Grund dafür ist, dass die Arbeitsweise des New Yorker Onkologen Dr. Gabriel A. Sara die Regisseurin überhaupt erst zu ihrem Film inspirierte. Sara spielt als Dr. Eddé gewissermaßen eine Version seiner selbst. Die zutiefst humanistische Art, wie sich Eddé dem an Krebs erkrankten 39-jährigen Schauspiellehrer Benjamin Boltanski (Benoît Magimel) nähert, wie er mit dessen Mutter Crystal (Catherine Deneuve) redet, wie er in Gesprächsrunden mit dem Pflegepersonal interagiert und gemeinsam singt und musiziert, geht auf Saras berufliches Vorgehen im echten Leben zurück.
Schon in ihren bisherigen Filmen, etwa Madame empfiehlt sich (2013) oder Die Frau aus Brest (2016) setzte Bercot auf eine ruhige Inszenierung. Auch hier konzentriert sie sich auf die Gesten und Dialoge zwischen den Figuren. Sie sucht nicht das große Drama, sondern zeigt vielmehr, wie langwierig der Prozess des Sterbens infolge einer Krankheit sein kann.
Die Zeichnung der Figuren ist nicht frei von Klischees. Dass Benjamin seinem Kurs als Schauspieldozent zur emotionalen Selbsterkundung verhelfen kann, selbst jedoch (zunächst) keinen Zugang zu seinen Gefühlen findet, wirkt etwas formelhaft. Ebenso verläuft die sich aufbauende Beziehung zur einfühlsamen Krankenschwester Eugénie (Cécile de France) allzu nahe am Kitsch.Eddé rät Benjamin, den „Schreibtisch des Lebens“ aufzuräumen, ehe es zu spät ist. Bemerkenswert ist, wie gut es dem Kino-Laien Sara dabei gelingt, neben den Schauspielgrößen Magimel und Deneuve zu bestehen.
In Emmanuelle Bercots Drama „In Liebe lassen“ geht auch Benjamin (Benoît Magimel) davon aus, dass alles gut wird, er ist ja erst 39, hat noch nicht das geschafft, was er mit seinem Leben erreichen wollte, ist gescheitert als Schauspieler, hat es nur zum Schauspiellehrer gebracht.
„In Liebe lassen“ ist kein Film über Hoffnung, und keiner über Trauer, sondern ein Liebesfilm, zwischen Mutter und Sohn, zwischen einem erkrankten Menschen und seinem vermeintlich verpfuschten Leben, zwischen einem Enttäuschten und der Welt. Und es ist ein Film, der eine Idealversion dessen schildert, wie ein bewusster Abschied von der Welt aussehen kann.
Wie funktioniert würdevolles Sein im Angesicht des eigenen Endes? Dr. Eddé, im Film vom renommierten Onkologen Dr. Sara dargestellt, der damit quasi sich selbst spielt, vergleicht diesen Lebensabschnitt mit einer Bergtour, die einmal noch anstrengend ist vor dem Abschluss. Und er macht sehr deutlich, dass die Suche nach Gründen für die Erkrankung keine Hilfe ist und Schuldgefühle weder der Mutter noch dem Sohn helfen.
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