Johann Georg Hamann – Produktive Unruhe

Johann Georg Hamann hat die Vernunft an die Sprache gebunden. Im Mittelpunkt steht für Hamann die Gestalt des Sokrates, für die er viel Sympathie empfindet, und in deren unbedingter Wahrheitssuche und Unabhängigkeit von akademischen Gepflogenheiten er sich selbst wiedererkennt.

Schon sein Beiname zeugt vom Rang, aber auch von der Ratlosigkeit, die sein Werk bei Zeitgenossen und Nachgeborenen einnahm und einnimmt: Den „Magus des Nordens“ nannte man Johann Georg Hamann, den zweiten in Königsberg geborenen Philosophen.

Ein hochbedeutender Anreger und einer der ersten Sprach-Philosophen – von Goethe als einer der „hellsten Köpfe“ der Zeit geadelt – war er nach seiner Veranlagung nicht zu systematischen Schriften geeignet, oft missverstanden und verkannt.

Hamann studierte ab dem Jahr 1746 an der Universität Königsberg. Er war drei Semester an der theologischen, dann vielleicht an der juristischen Fakultät eingeschrieben, hörte aber auch bei Martin Knutzen Philosophie, bei Karl Heinrich Rappolt Latein und wandte sich später mehr den sogenannten schönen Wissenschaften zu.

Hundert gute Gründe also, sich dem Werk Johann Georg Hamanns zu nähern. Der Autor der „Metakritik“ von 1784, bis heute einer der intelligentesten Versuche, den Großmeister Kant in die Schranken zu weisen, wieder zu Wort kommen zu lassen.

„Gott ein Schriftsteller“, ruft Hamann aus. Er schreibt das Buch der Natur und der Geschichte und darin unsere eigene Lebensgeschichte. Unser Leben wird von Gott als „Kritiker“ ausgelegt, als Richter aber mit dem Wohlwollen beurteilt, das der Menschwerdung seines Sohnes entspricht.

Die Schrift „Wolken“ ist ein sehr dichter Text voller mythologischer und sonstiger Anspielungen. Herausgeber Leonard Keidel und Herausgeberin Janina Reibold – letztere hatte bereits eine vorzügliche Neuedition von Hamanns enigmatischem, aber hochbedeutendem „Fliegendem Brief“ besorgt – charakterisieren gut das Verfahren des Autors sowie die Schreiblust, die er dabei empfunden haben dürfte, indem sie den Text bezeichnen als „ein Spiel mit den Zeichen, in dem die Begriffe des angreifenden Rationalisten. eines gewissen Christian Ziegra, der mit den Karten seines Konkurrenten gespielt hat, erneut gemischt werden.“

Dank dieser Neuerscheinung sollte weiter die Erkenntnis reifen, dass es Hamann in seinem historischen Augenblick möglich gewesen war, ein Werk zu schaffen, das zwar der Dekonstruktion vorausgreift, sie aber nicht in jene bleiche Sinnleere münden lässt, die für neuere Vertreter dieser Denkrichtung oftmals der einzige Bescheid ist, zu dem sie sich noch bereitfinden mögen.

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