„Nazi-Dreck“ steht auf der Glühbirnenschachtel. Zu sehen ist auch, was sie enthalten hat, als sie im Haus der Geschichte Österreich eintraf.
Anstecker und Abzeichen, die auf den ersten Blick gar nicht als NS-Propaganda einzuordnen sind. Das Plakatmotiv der neuen Ausstellung steht stellvertretend für viele Schenkungen, die das Zeitgeschichtsmuseum erreichen. „Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum“ thematisiert unseren Umgang mit Relikten einer unliebsamen Vergangenheit.
Es ist keine plakative Ausstellung. Wir zeigen, wie wir arbeiten“, sagt hdgö-Direktorin Monika Sommer beim Rundgang mit der APA. „Wir sind ein sehr junges Museum und haben begonnen, eine eigene Sammlung aufzubauen.“ Das hat Händler ebenso wie Privatpersonen auf den Plan gerufen. Während man Ankäufe von NS-Devotionalien bewusst ablehne, um einen problematischen Markt nicht zu unterstützen, habe man festgestellt, dass auch bei den Objekten, die dem Museum von privater Seite als Schenkungen angeboten werden, rund ein Drittel einen Bezug zum Nationalsozialismus aufweisen. „Das hat uns fasziniert. Viele wollen diese Dinge loswerden, Ballast abwerfen – als eine individuelle Entlastung. Das Museum fungiert hier als Therapiecouch des Landes.“
Der in Wien lebende japanische Künstler Yoshinori Niwa hat 2018 im Rahmen einer Aktion für den steirischen herbst einen schwarzen Container aufgestellt, um Menschen eine Möglichkeit zu geben, Relikte der NS-Vergangenheit loszuwerden. In der Ausstellung ist ab Sonntag nun zu sehen, was daraus wurde: bis zu Unkenntlichkeit geschredderte Material-Partikel. Im Museum geht es jedoch nicht um Entsorgung, sondern um Bewahrung. „Bestimmte Objekte können wertvoll sein, haben einen Beweischarakter.“ Andere sind in ihrer Masse aussagekräftig und zeigen etwa die ideologische Durchdringung des Alltags, wie jene lückenlose Sammlung von Winterhilfe-Abzeichen, die in der Schau zu sehen ist. „Oft ist die scheinbare Unschuld der Objekte irritierend“, sagt Sommer. Erst durch das Wissen um den Kontext werde der Unrechtszusammenhang ersichtlich.
Doch bei weitem nicht jedes angebotene Objekt wandert auch in die hdgö-Sammlung. Jene fünf Fragen, die an jedes neue Objekt gestellt werden, sind in der Ausstellung in Form von bunten Karteikarten bei jedem Ausstellungsstück zu sehen: „Was ist dieses Objekt?“, „Wofür steht dieses Objekt?“, „Wer verwendete dieses Objekt und wie?“, „Was wird über dieses Objekt erzählt?“ und „Wie kann dieses Objekt im Museum verwendet werden?“ Daneben wird jeweils auch die Verpackung gezeigt, in der das Objekt im Museum eintraf – wie etwa die Aktentasche des Filmregisseurs Wolfram Paulus, der Fotoalben abgab, die er im Zuge der Recherchen für seinen Film „Heidenlöcher“ gesammelt hatte .
Die von Stefan Benedik, Laura Langeder und Monika Sommer zusammengestellte, didaktische Ausstellung beantwortet aber noch viele andere Fragen. Etwa, wie der rechtliche Rahmen aussieht. So ist in Österreich der Besitz von Objekten aus der NS-Zeit nicht verboten, nur die öffentliche Zurschaustellung sowie der Handel stehen unter Strafe. Es gilt das Verbotsgesetz und das Abzeichengesetz. „Bestimmte Objektgattungen sind fast gänzlich verschwunden. So gibt es etwa so gut wie keine Uniformen mehr“, sagt Kurator Benedik. Und die im Ausstellungstitel angesprochenen Hitler-Büsten? Die stammen aus dem Parlament. Dort wurde im Zuge des laufenden Umbaus 2017 ein Panzerschrank mit NS-Objekten entdeckt, die in dem zwischen 1938 und 1945 von der NSDAP verwendeten Gebäude wohl als Ausstellungsobjekte dienten. Sie wurden dem hdgö übergeben und sind nun hier zu sehen – „um zu zeigen, dass wir nicht nur von Privatpersonen Objekte angeboten bekommen, und als Beweis dafür, dass manche Dinge noch heute unter den Nägeln brennen“.
Von der von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka 2018 präsentierten Idee, das hdgö an das Parlament anzudocken, hat Sommer seither übrigens nichts mehr gehört. Dafür wurde der Vertrag der 2017 zur Museumschefin bestellten Historikerin kürzlich bis 2027 verlängert – für Monika Sommer eine Bestätigung der bisher geleisteten Arbeit. Mittlerweile gibt es seitens der Politik auch eine Fortbestandsgarantie (und eine Erhöhung der Basisabgeltung auf 1,5 Mio. Euro). Weiterhin unklar ist jedoch die strukturelle und räumliche Zukunft des Museums, das sich derzeit in der Neuen Burg am Heldenplatz befindet und der Österreichischen Nationalbibliothek angegliedert ist. Sommer: „Ich gehe davon aus, dass innerhalb dieser Legislaturperiode darüber entschieden wird.“
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