Kunsthaus Bregenz feiert 2022 sein erstes Vierteljahrhundert

Das Kunsthaus Bregenz (KUB) unternimmt anlässlich seines 25-jährigen Bestehens 2022 einen Ausstellungsausflug nach Venedig, zudem sind Einzelausstellungen von Dora Budor, Jordan Wolfson und Anna Boghiguian geplant.

Gefeiert wird aber auch in Bregenz, von 15. bis 17. Juli ist ein mehrtägiges Festprogramm geplant. KUB-Direktor Thomas D. Trummer zeigte sich im Gespräch mit der APA „sehr stolz“ auf die Geschichte des KUB und seine Künstlerinnen und Künstler.

Als Alleinstellungsmerkmal des von Stararchitekt Peter Zumthor entworfenen Hauses, das im Juli 1997 mit einer Ausstellung des US-Lichtkünstlers James Turrell eröffnet wurde, sah Trummer, dass man im KUB ganzheitliche Kunsterlebnisse erfahren kann. „Sich ganz in einem Kunstwerk zu befinden, das ist unvergesslich und wirkt stark, auch auf den Körper“, war der Direktor überzeugt. Einmalig sei außerdem, dass man das Haus den eingeladenen Kunstschaffenden zur Gänze zur Verfügung stelle. „In anderen Häusern ist da oft noch eine Sammlung, der Raum ist begrenzt – wir dagegen bieten eine einmalige Raumsituation auf vier Stockwerken“, sagte der Direktor, dem auch die Einbeziehung der Region und lokaler Unternehmen ein Anliegen ist. So steht in der aktuellen Ausstellung von Otobong Nkanga ein Bregenzerwälder Baumriese. „Diese Ausstellung ist nur hier auf diese Weise möglich und damit unverwechselbar“, betonte Trummer.

Zu Beginn des Jubiläumsjahres holt das KUB die pandemiebedingt verschobene, bereits für Ende 2020 geplante Schau der in New York lebenden Dora Budor nach. Auch sie wird das gesamte Haus auf ihre Weise nutzen – und wie viele Künstler vor ihr begreift sie das KUB-Gebäude als Organismus, als lebendiges System: Die 1984 in Zagreb geborene Künstlerin kehrt das Innere des Hauses nach außen und untersucht seinen geologischen Untergrund. Dazu stieg sie in den das Kunsthaus in 26 Metern Tiefe umgebenden Kollektorgraben ab, um von den Steinwänden Latexabgüsse zu machen. Bearbeiten wird sie auch eine der „Ausscheidungen“ des KUB, nämlich den gesammelten Kaffeesatz aus dem KUB-Cafe. Man lade gerne Künstler ein, die mit der Architektur und Geschichte des Hauses in Interaktion treten. „Sie finden sich wie in einem Wettbewerb mit ihren Vorgängern – und noch immer gibt es neue Ideen“, sagte Trummer.

Für den Sommer steht 2022 eine „große Nummer“ an. Der 1980 in New York geborene, als „bad boy“ geltende Jordan Wolfson wird von 11. Juni bis 9. Oktober in Virtual-Reality-Installationen medienkritisch die Populärkultur hinterfragen. Bekannt ist er unter anderem für seine mechanischen Skulpturen, unheimlichen Puppen gleich. Zuvor wird sich das Kunsthaus Bregenz der Welt zum 25-jährigen Jubiläum in Venedig präsentieren. Für die ersten Wochen der Biennale, von 20. April bis 4. Juli, hat sich das KUB in einer Scuola aus dem 17. Jahrhundert eingemietet, um dort in einer interaktiven Tour seine Geschichte zu zeigen. Zu sehen sein werden unter anderem ein Zumthor-Modell samt interaktiver Tour und ein Überblick über die bisher ausgestellten Künstler.

„Das Who is Who der Gegenwartskunst“ habe im KUB großartige Werke geschaffen und gezeigt, so der Direktor und nannte beispielhaft den jüngst verstorbenen Konzeptkünstler Lawrence Weiner, der dem KUB und ihm selbst eng verbunden gewesen sei. Weiners Arbeiten waren 2016 im KUB zu sehen. International genieße das KUB eine ausgezeichnete Reputation, erklärte Trummer, der unter anderem Miriam Cahn, Adrian Villar Rojas, Thomas Schütte, Simon Fujiwara oder Ed Atkins an den Bodensee holte. „In meiner Anfangszeit hier dachte ich, die Akzeptanz im Land könnte zunehmen. Besonders seit der Pandemie glaube ich aber, dass viele wirklich gerne kommen“, so Trummer, der dem Haus seit 2015 vorsteht.

Nach Venedig eingeladen hat das KUB zudem die beiden Künstlerinnen Otobong Nkanga und Anna Boghiguian, die sich in ihren Werken beide mit politischer Verantwortung, gefährdeter Natur und sozialen Konflikten beschäftigen. „Sie sprechen beide brisante Themen unserer Zeit an“, begründete Trummer die Auswahl. Gerade in heutiger Zeit könne Kunst Dinge aufzeigen, Themen ansprechen. Das könne helfen, sich neu zu erfahren und festgefahrene Positionen zu überdenken, denn Menschen reagierten stark auf Kunst. Das zeige sich auch in den Besucherzahlen. Bis Jahresende werden 2021 voraussichtlich bei fünf Wochen Schließzeit rund 37.000 Besucher die KUB-Ausstellungen gesehen haben, ein „erfolgreiches Jahr trotz schwieriger Bedingungen“.

Auf den Ort reagiert in Bregenz auch die in Ägypten geborene Kanadierin Boghiguian. Die hörbeeinträchtigte, nomadisch lebende Künstlerin mit einem Naheverhältnis zum Erzählen wird in ihrer Schau ab 22. Oktober unter anderem über Marie Antoinette zeichnerisch fabulieren sowie auf eine persönliche Erfahrung zurückgreifen: Der österreichische NS-Verbrecher Aribert Heim lebte bis 1992 in ihrer Heimatstadt Kairo. „Sie kannte ihn, er verteilte immer Zuckerln an die Kinder. Sie erzählt uns etwas, das mit unserer Geschichte zu tun hat“, so Trummer. Ihre Schau wird das Jubiläumsjahr abschließen.

Für 2022 zeigte sich Trummer insgesamt zuversichtlich: „Wir sind gut vorbereitet und hoffen, dass wir in Bälde wieder aufsperren können.“ Auf die finanzielle Situation angesprochen meinte er: „Man wünscht sich natürlich immer eine bessere Ausstattung. Aber wir sind auch in Pandemiezeiten sehr aktiv, das wird belohnt von der Politik und vom Publikum.“ Der Landesbeitrag belief sich 2021 auf 2,74 Mio. Euro, dazu kamen 36.500 Euro Galerienförderung und 40.000 Euro Sonderförderung. An Eigeneinnahmen erwirtschaftete das KUB rund 690.000 Euro, einen Anteil von rund 25 Prozent.

APA

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