Die österreichische Architektin Margarete Schütte-Lihotzky hat diesen Urtyp der modernen Einbauküche in den 1920er-Jahren entworfen und damit internationale Bekanntheit erlangt.
Ein Buch lädt nun dazu ein, Schütte-Lihotzkys „Spuren in Wien“ zu entdecken und dabei vielleicht auch unbekanntere Seiten der Pionierin ihres Fachs und Widerstandskämpferin gegen die Nazis kennenzulernen.
Auch wenn ihre bekannteste Arbeit den Namen der deutschen Stadt am Main im Namen trägt, liegt es doch nahe, die biografischen und beruflichen Stationen Schütte-Lihotzkys in ihrer Geburts- und Sterbestadt, in der sie trotz zahlreicher mehrjähriger Auslandsaufenthalte auch den Großteil ihres fast 103 Jahre dauernden Lebens verbracht hat, zu beleuchten. Das Ergebnis erscheint nun als knapp 200-seitiges Buch rechtzeitig zum 125. Geburtstag der Architektin, die am 23. Jänner 1897 auf die Welt gekommen ist, und wird am Donnerstagabend im Gleis 21 in Favoriten präsentiert.
Die vorrangig chronologisch angelegte Spurensuche, herausgegeben von der Schütte-Lihotzky-Forscherin Christine Zwingl, beginnt mit der Kindheit der in eine bürgerliche Familie hineingeborenen Margarete in – wie passend – Margareten (5. Bezirk) und ihrer Ausbildungszeit an der k. u. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt sowie der Kunstgewerbeschule. Es folgen das erste Atelier in der Neuen Hofburg gleich nach dem Ende der Monarchie und erste Engagements in der Siedlerbewegung und im Roten Wien, wo sie etwa neben Adolf Loos, Josef Hoffmann oder Peter Behrens an der Planung des Donaustädter Otto-Haas-Hof beteiligt war. 59 Wohnungen wurden als Teil dieses Gemeindebaus nach ihren Entwürfen gebaut.
In ihren Spätzwanzigern kehrte Schütte-Lihotzky der Donaumetropole für rund eineinhalb Jahrzehnte den Rücken. Zuerst zog es sie 1926 eben nach Frankfurt, dann in die Sowjetunion (1930-1937) und 1938 in die Türkei. Zurück nach Wien kam sie Ende 1940 im Auftrag der im Exil operierenden KPÖ für Kurierdienste zugunsten der Widerstandsbewegung. Kurz vor ihrer Rückreise nach Istanbul wurde sie allerdings von der Gestapo aufgegriffen, inhaftiert und schließlich in ein Zuchthaus in Bayern überstellt.
Das damalige Cafe Victoria, in dem Schütte-Lihotzky geschnappt wurde, die Orte der Gefangenschaft, Verhöre und Verfahren – sie sind ebenso eingezeichnet in der Wien-Karte am Buchende wie andere rund 40 Örtlichkeiten der Stadt, an denen sich die Architektin mit ihrer Vita und ihrer Arbeit in die Stadt eingeschrieben hat. So entsteht eine Art Schütte-Lihotzky-Stadtplan, mithilfe dessen man sich dank nummeriertem Ortsregister selbst auf die Spuren der im Jahr 2000 verstorbenen Pionierin begeben kann.about:blank
Nicht vergessen wird im Buch der Hinweis darauf, wie schwer es die bekennende Kommunistin, die jahrzehntelang auch in der Frauen- und Friedensbewegung engagiert war, hatte, nach ihrer Rückkehr nach Wien 1947 angesichts des aufziehenden Kalten Krieges zu öffentlichen Aufträgen zu kommen. So war sie zwar an Konzepten für Kindergärten und Wohnhausanlagen für die Stadt Wien beteiligt, aber auch auf Aufträge der Kommunistischen Partei angewiesen – etwa als Mitgestalterin einer neuen Zentrale des parteieigenen Globus-Verlags.
Neben der Herausgeberin Zwingl lieferte ein halbes Dutzend Kennerinnen und Weggefährtinnen von Schütte-Lihotzky Beiträge für das mit Fotos, Faksimiles von Plänen und Notizen sowie Zitaten angereicherte Buch. Zu hohen Ehren kam die Architektin hierzulande erst spät. Erst 1993, da war sie bereits Mitte 90, richtete das MAK die erste Schau zu ihrem Gesamtwerk überhaupt aus. Im selben Jahr bekam sie das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst verliehen und erst zu ihrem 100. Geburtstag wurde sie 1997 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen der Republik ausgezeichnet. Und dennoch gibt es inzwischen einige Orte in Wien – von dem nach ihr benannten Gemeindebau in Floridsdorf über einen Park in Margareten bis zu einem Hörsaal an der Technischen Universität -, die an Margarete Schütte-Lihotzy erinnern. Und das Ehrengrab am Zentralfriedhof gibt es natürlich auch noch.
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