343 Besucher hat das Belvedere am Sonntag, dem ersten Tag nach dem vierten Lockdown gezählt.
Vor der Pandemie tummelten sich an guten Tagen zwischen 3.000 und 5.000 Menschen in den Ausstellungsräumlichkeiten. Wie schon im Vorjahr wird das Museum auch heuer einen Besucherrückgang von 80 Prozent gegenüber 2019 verzeichnen und es auf rund 340.000 Besucher bringen. Viele Sorgen für Generaldirektorin Stella Rollig, deren Vertrag kürzlich bis 2027 verlängert wurde.
„Die Wiederbestellung war das Erfreulichste im zu Ende gehenden Jahr“, sagt die seit 2017 amtierende Museumschefin im Gespräch mit der APA. Auch nicht ganz unerfreulich: Die Basisabgeltung wird 2022 von 8,97 Mio. Euro auf 10,97 Mio. Euro erhöht. Und von den jüngst den Bundesmuseen versprochenen abermaligen Corona-Krisenbewältigungsmitteln wird das Belvedere 3 Millionen Euro erhalten. Das ist auch notwendig, denn die Rücklagen (auch „Deckungsvorsorge“ genannt) schrumpfen. Deswegen wird der ursprüngliche Finanzierungsplan – je ein Drittel Eigenmittel, Bundesmittel und Sponsorengelder – für das geplante neue Besucherzentrum im Oberen Belvedere nicht zu halten sein. Das Projekt sei mittel- bis langfristig notwendig, die Prognose, ob sie seine Realisierung als Belvedere-Chefin noch erleben werde, wolle sie jedoch nicht wagen, sagt Rollig.
Die Eröffnung der geplanten Belvedere-Dependance in der Neuen Residenz in Salzburg werde jedoch mit Sicherheit noch in ihrer Amtszeit stattfinden, gibt sich die Generaldirektorin zuversichtlich: „Der Wettbewerb ist ausgelobt, die Jury hat sich konstituiert, die Beauftragung erfolgt im April und der Baubeginn im Laufe des kommenden Jahres“, skizziert sie den Zeitplan. Geplante Eröffnung: Anfang 2026. Ob dann auch schon der Städtetourismus jenen Vor-Krisen-Umfang erreicht haben wird, der vor der Pandemie das Belvedere von Besucherrekord zu Besucherrekord geführt hatte, sei durchaus fraglich, meint Rollig – zumal ja die Reisefreudigkeit auch aus ökologischen Gründen gebremst werde.
Ökologische Fragen stehen neben mythischen, symbolischen, philosophischen und künstlerischen Aspekten im Zentrum einer Ausstellung, die sich im September 2022 unter dem Titel „GROW“ mit dem „Baum in der Kunst“ beschäftigen wird. Insgesamt sollen im kommenden Jahr 22 Ausstellungen und Präsentationen an den drei Standorten des Belvedere zu sehen sein – so nicht Covid-19 erneut einen Strich durch die Rechnung macht. „Unsere Strategie ist, dass wir Ausstellungen verstärkt aus der eigenen Sammlung heraus konzipieren und die Laufzeiten verlängern“, sagt Stella Rollig. Wenn man ab 28. Jänner das umfassend renovierte Untere Belvedere mit der Ausstellung „Dalí – Freud. Eine Obsession“ wieder öffne, sei dies „nicht einfach eine Dalí-Schau. Vielmehr erzählen wir die Geschichte der Besessenheit Dalís von Sigmund Freud. Das ist die Storyline.“ Dem Mythos Venedig und dem Œuvre des Landschaftsmalers und Schlosshauptmanns des Belvedere Joseph Rebell gelten weitere Ausstellungsvorhaben im Unteren Belvedere.
Im Oberen Belvedere gibt es ab 24. Februar eine Gegenüberstellung der Werkserie „Emotional Detox“ des britischen Künstlers Marc Quinn mit den „Charakterköpfen“ von Franz Xaver Messerschmidt, ab 18. März realistische Malerei von 1850 bis 1950 als Spiegel ihrer sozialen Umwelt. Für das Belvedere 21 ist ab 24. März eine Themenausstellung zum (Kultur-)Phänomen Zeit geplant. Weitere Ausstellungen gelten etwa bildhauerischen Arbeiten der Britin Rebecca Warren oder einer Installation von Gerwald Rockenschaub. In einer Kooperation mit den Wiener Festwochen wird der Hauptraum auch zum Aufführungsort. Geplant ist etwa ein Projekt rund um den 100. Geburtstag von Iannis Xenakis.
Längst laufen aber auch schon die Planungen für das Jubiläumsjahr 2023, in dem 300 Jahre Oberes Belvedere gefeiert werden. Stella Rollig plant eine Neuaufstellung der Sammlung, bei der historische Bezüge stärker als bisher berücksichtigt werden sollen, denn: „Die Geschichte von Kunst ist eine Geschichte von Menschen!“ Für einen weitläufigen, alle Areale bis hin zum Belvedere 21 umfassenden Skulpturengarten habe man alle beteiligten Institutionen, von der Burghauptmannschaft bis zu den Bundesgärten ins Boot geholt, sagt die Museumschefin, die sich überdies auf eine große Ausstellung von Louise Bourgeois und das endliche Realisieren der verschobenen Schau „Klimt. Inspired by Rodin, Van Gogh, Matisse…“ (ab Jänner 2023) freut. Dass das Thema Klimt nach wie vor zieht, beweisen u.a. die bisher 70.000 Besucher unter der kuratorischen Leitung des Belvedere im Museo di Roma realisierten Klimt-Schau. 2024 wird mit „Klimt – Pigmet und Pixel“ sowie einer Ausstellung zu Franz Kafka nachgelegt.
Zunächst geht es aber von 17. bis 21. Jänner 2022 in einer internationalen Tagung um „Das Kunstmuseum im digitalen Zeitalter“. „Digitalisierung ist eine Riesen-Herausforderung“, sagt Stella Rollig. „Eigentlich müssen wir im digitalen Raum ein zweites Museum errichten.“ Nicht beliebige Gamification, sondern mehr Diversität und Inklusion müsse dabei das Ziel sein. „Museen sind Bildungseinrichtungen. Diesen Kernauftrag müssen wir ernst nehmen.“
(APA)
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