Wien Museum

Das Atelier der „Bauhäusler“ Friedl Dicker/Franz Singer war ein Zentrum der Moderne in Wien – ihr Werk ging verloren. Eine neue Schau bringt die Avantgarde der Zwischenkriegszeit zurück.

Die Ausstellung „Atelier Bauhaus, Wien“ im Wien Museum MUSA widmet sich den außergewöhnlichen Wohnräumen, Möbeln und Bauten der beiden Wiener Bauhaus-Schüler:innen Friedl Dicker und Franz Singer, deren Arbeiten eine Sonderstellung im Wien der Zwischenkriegszeit einnehmen. Die in Kooperation mit dem Bauhaus-Archiv Berlin realisierte Schau vermittelt ab morgen, 24. November, einen umfassenden Überblick über die Arbeit von Dicker und Singer. Ein Großteil der Objekte ist zum ersten Mal öffentlich zu sehen.

Schränke, in denen sich stapelbare Sessel verbergen, Podeste, aus denen Betten werden, streng geometrische Formen und kräftige Farben: für überraschende und innovative Entwürfe wie diese stand im Wien der Zwischenkriegszeit die Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker (1898–1944) und Franz Singer (1896–1954). Unter den Grundsätzen von Raumökonomie und Nutzungsvielfalt entwickelten die beiden Bauhaus-Schüler:innen einen unverwechselbaren Einrichtungsstil, der in der Wiener Wohnkultur eine Sonderstellung einnahm.

Obwohl Singer und Dicker in den 1920er- und frühen 1930er-Jahren zahlreiche Aufträge erhielten, ist ihr Werk fast zur Gänze verloren: Während der NS-Zeit wurden die mehrheitlich jüdischen Auftraggeber:innen verfolgt, einigen gelang die Flucht. Die vom Atelier gestalteten Wohnungseinrichtungen wurden zerstört, mitunter aber auch in die Emigration mitgenommen. Franz Singer war bereits 1934 nach London übersiedelt, Friedl Dicker wurde in Auschwitz ermordet. Das Schaffen der beiden Designer:innen geriet in Vergessenheit und wird erst seit den 1980er-Jahren wiederentdeckt.

Auf der Basis aktueller Forschungen präsentiert die Ausstellung die wichtigsten Arbeiten des Ateliers zwischen Bauhaus und Emigration. Eindrucksvolle farbige Raumdarstellungen (Axonometrien), Fotografien, Modelle und Möbel erweitern das Bild der Wiener Moderne um neue, faszinierende Facetten: vom Montessori-Kindergarten im Goethehof bis zum luxuriösen Gästehaus Auersperg-Hériot, vom innovativen Stahlrohrsessel bis zum Phantasus-Baukasten, dessen Nachbau es den Besucher:innen erlaubt, sich die Gestaltungsgrundsätze von Dicker und Singer in der Ausstellung spielerisch anzueignen.

Zur Ausstellung ist eine umfassende, reich illustrierte Publikation mit Essays namhafter Expert:innen und dem ersten kommentierten Werkverzeichnis der Ateliergemeinschaft Dicker-Singer im Müry Salzmann-Verlag erschienen.

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