Der aktuelle Begutachtungsentwurf zur Implementierung der EU-Urheberrechtsrichtlinie braucht dringend wesentliche Verbesserungen für Künstler_innen.
Österreichs Kunst- und Kulturschaffende fühlen sich im Regen stehen gelassen! War sich Europa mit der positiven Abstimmung der EU-Urheberrechtsrichtline im Jahr 2019 schließlich einig, dass die Rechte von Künstler_innen, Produzent_innen und User_innen gegenüber den großen Internetplattformen nachhaltig gestärkt werden müssen, schaffen die Umsetzungen in die nationalen Rechtssysteme der einzelnen Mitgliedsstaaten momentan große Ungerechtigkeiten und fortgeschriebene Unsicherheiten.
Die Regelung zu einer angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung ist im österreichischen Begutachtungsentwurf als „Soll-Bestimmung“, § 37b (2), formuliert! Es braucht hingegen einen gesetzlichen Anspruch.
Seit Wochen sind daher in Österreich arbeitende Kunst- und Kulturschaffende alarmiert und fragen sich:
+) „Ich bin Interpretin und habe mir von der Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie erhofft, endlich einmal Geld für die digitalen Nutzungen meiner Leistungen als Studiomusikerin zu bekommen. Aber ich gehe wieder leer aus. Das muss sich dringend ändern! Im Live-Betrieb hat man ja auch mittlerweile erkannt, dass Gagen von Euro 30.- für einen Orchesterdienst unfair sind (Festakt 100 Jahre Burgenland).“
+) „Als produzierender Urheber und Musiker lizenziere ich meine Masterbänder an Musiklabels, die meine Werke online vertreiben. Leider bekomme ich nur eine sehr niedrige Beteiligung von den ohnehin schon geringen Einnahmen, die das Label von den Digital Service Providern (Spotify etc.) erhält. Dies gilt umso mehr für die großen Online-Plattformen, die mit unseren Werken und Interpretationen viel Geld verdienen. Von der Novelle des Urheberrechtsgesetzes habe ich mir die Einführung eines direkten Vergütungsanspruchs erwartet, den mir meine Verwertungsgesellschaft auszahlt. Das muss unbedingt noch ins Gesetz kommen, um eine sichere und faire Vergütung für Kunstschaffende im Onlinebereich zu gewährleisten!“
+) „Der Bestsellerparagraf ist sehr wichtig, aber in der Regel habe ich keine Bestseller. Mir geht es um ein Urhebervertragsrecht, das meine Position als Kreativschaffende und Rechteinhaberin gegenüber meinen Vertragspartnern ganz konkret, nachhaltig und praxisorientiert stärkt. Dazu braucht es angemessene und grundsätzlich unverzichtbare Entgelte und faire Rahmenverträge, die unsere Interessenvertretungen auf Augenhöhe aushandeln können, und auf die ich mich berufen kann! Warum sind diese im Begutachtungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes nur völlig unzulänglich enthalten?“
+) „Vom neuen Urheberrecht habe ich mir einen Anspruch auf eine angemessene Beteiligung an dem mit meinen Werken erzielten Umsatz erhofft. Warum steht jetzt im Gesetz, dass ich auf diese Beteiligung vertraglich einfach verzichten kann, wenn mein Vertragspartner das von mir verlangt? Und warum kann ich mich weiterhin nicht gegen unfaire, unverständliche und von meinen Vertragspartnern einseitig vorformulierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen wehren, wie dies jedem Konsumenten zugestanden wird? Eine Stärkung meiner Verhandlungsposition habe ich mir anders vorgestellt.“
Der Österreichische Musikrat fordert daher:
1_Direktvergütungen im Online-Bereich für Urheber_innen und ausübende Künstler_innen einführen!
Zumindest diejenigen Direktvergütungen, die auch in die deutschen Urheberrechtsnovelle für die Nutzungen durch große Plattformen Eingang gefunden haben:
- Allgemeiner Vergütungsanspruch für Online-Nutzungen direkt gegen die Plattform (§ 4 dUrhDaG), so wie er im Arbeitsentwurf des BMJ in § 17 a (2b) noch enthalten war:
„17a (2b) Hat der Urheber einem anderen das ausschließliche Recht eingeräumt, das Werk durch Rundfunk oder eine andere Art zu senden, so hat er gegen den Anbieter einer großen Online-Plattform gleichwohl einen unverzichtbaren Anspruch auf angemessene Vergütung für die Nutzung nach Abs. 2a. Der Vergütungsanspruch kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur von einer solchen geltend gemacht werden.“ - Vergütungsanspruch für freie Werknutzungen durch Zitate, Karikaturen, Parodien und Pastiche auf Online-Plattformen (§ 5 dUrhDaG, gesetzlich erlaubte Nutzungen; Vergütung des Urhebers)
- Vergütungsanspruch für Bagatellnutzungen auf Online-Plattformen (§ 12 dUrhDaG, Vergütung durch Diensteanbieter; Verantwortlichkeit)
Warum sollen österreichische Kunst- und Kulturschaffende schlechter gestellt werden als die deutschen Kolleg_innen?
2_Urhebervertragsrecht:
- Die „Unabdingbarkeit“ (§37f) darf sich nicht nur auf den Vertragsanpassungsmechanismus, den Anspruch auf Auskunft und den Schlichtungsausschuss beziehen, sondern muss auch die angemessene und verhältnismäßige Vergütung gem. §37b UrhG betreffen.
- Die Rechte auf Vertragsanpassung und angemessene Beteiligung und die dafür erforderlichen Auskunftsansprüche müssen realistisch durchsetzbar sein.
- Einführung von Rahmenverträgen zwischen Urheber_innen und Verwertern zur Stärkung der Verhandlungsposition von Kunst/Kulturschaffenden. Praktikable und durchsetzbare Regeln für den Fall des Scheiterns der Rahmenvertragsverhandlungen.
- Vertretung durch Urhebervereinigungen: Urheber müssen sich bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche von repräsentativen Vereinigungen vertreten lassen können.
Unterstützen Sie die Petition „UrhG-Novelle 2021 – Faires Urheberrecht für österreichische Künstler*innen!“: https://www.openpetition.eu/initiativeuvr
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#musik #urheberrecht