Vernünftige Meinungen würden zum Schweigen gebracht. Stattdessen sei man dabei, „ein Einheitsdenken zu entwickeln, das dazu zwingt, die Geschichte zu leugnen“
Das Oberhaupt der katholischen Kirche sparte in seiner Rede am 10.01 nicht mit Kritik. Es sei besorgniserregend, dass angesichts drängender globaler Herausforderungen „eine sich ausweitende Aufsplitterung der Lösungen zu verzeichnen ist“. Oft fehle schlicht der Wille zum Dialog, was bestehende Spannungen verstärke.
Besorgt äußerte sich Franziskus über zunehmende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung. Er sehe eine „Cancel Culture“ (Kultur des Ausgrenzens), die in immer mehr öffentliche Bereiche vordringe. Internationalen Organisationen warf er in diesem Zusammenhang „eine Form der ideologischen Kolonisierung“ vor.
„Nicht selten hat sich der Schwerpunkt des Interesses auf Themen verlagert, die von ihrer Art her spalten“, so der Papst. Im Namen des Schutzes einer Diversität werde der Sinn für jede Art von Identität ausgelöscht. Vernünftige Meinungen würden zum Schweigen gebracht. Stattdessen sei man dabei, „ein Einheitsdenken zu entwickeln, das dazu zwingt, die Geschichte zu leugnen, oder schlimmer noch, sie auf der Grundlage zeitgenössischer Kategorien umzuschreiben“.
Mit Blick auf die Pandemie beklagte Franziskus „starke ideologische Gegensätze“, die ein gemeinsames Vorgehen verhinderten: „Jede ideologische Aussage durchtrennt die Bindung der menschlichen Vernunft an die objektive Realität der Dinge.“
Gerade im Kampf gegen das Coronavirus sei aber eine gewisse „Wirklichkeitspflege“ nötig. Impfstoffe seien „keine magischen Heilungswerkzeuge“. Doch sie stellten – zusätzlich zu den Therapien, die entwickelt werden müssten – „die vernünftigste Lösung zur Vorbeugung der Krankheit“ dar. Bei alledem müssten die Bürger mit einbezogen werden, „so dass sie sich mitbeteiligt und mitverantwortlich fühlen können“. Das funktioniere nur durch „transparente Kommunikation“.
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