In Folge der anhaltenden Pandemie unterliegt der österreichische Film, so wie die gesamte Kulturwirtschaft, die von der Interaktion mit dem*der Besucher*in lebt, enormen Einschränkungen.
Ausfallskosten-Übernahme für Filmproduktionen durch die Bundesregierung Mitte 2020 hat jedoch ganz entscheidend zur Stabilität der Branche beigetragen und überhaupt erst ermöglicht, dass weiter Content produziert werden konnte.
Die Corona Pandemie hat aber Veränderungen des Marktes beschleunigt, die wir gerade jetzt noch sorgfältiger beobachten müssen, um voreilige Schlüsse zu vermeiden; die langfristigen Tendenzen, insbesondere das Kino betreffend, werden sich erst in einiger Zeit herausschälen. Dennoch ist klar: Streaming ist auf dem Vormarsch.
2020 wurden weltweit 1,1 Mrd. Verträge mit Streaming Anbietern abgeschlossen. Das ist gegenüber dem Jahr 2019 eine Steigerung um 26% und die Erlöse der Streamingdienste sind um 34% auf 56,4 Mrd. US-Dollar gestiegen. Nur zum Vergleich: die weltweiten Erlöse im Box Office (Kino) sind um 72% gesunken und lagen 2019 nur mehr bei 12 Mrd. US-Dollar. Weltweit sind die Umsätze von 98,3 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019 auf 80,8 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020 gesunken (MPA 2020 THEME-Report).
Starke Marktanteile für europäisches Kino
Ein besonders erfreuliches Signal ist die Krisenresistenz des österreichischen Films in Zeiten der Pandemie. In einem Jahr, in dem der Kinobesuch um mehr als 70% zurückging, haben europäische Filme in Österreich einen Marktanteil von 61,2% (nach 34,35%) und der österreichische Film immerhin einen 5,6%igen Marktanteil erzielt. Und das bei einem deutlich reduzierten Angebot heimischer Produktionen, das von 44 erstaufgeführten Filmen 2019 auf 24 Filme im Jahr 2020 gesunken ist.
Während die Besuchszahlen bei US-Filmen EU-weit um geschätzte 78% zurückgingen, sanken die Zahlen bei europäischen Filmen um lediglich 55%. Der Marktanteil europäischer Filme erreichte damit ein Rekordhoch von fast 40% der Gesamtbesuchszahl. Im Jahr 2019 waren es vergleichsweise geringe 26,3%. Der Marktanteil in den USA sank von 68,2% auf 49,4% und damit auf den niedrigsten Stand in der jüngeren Geschichte.
Digital gewinnt, haptisch verliert
Das Kino als Ort der sozialen Interaktion, des gemeinsamen Filmerlebnisses wird auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Die emotionale Nähe, die Kino vermittelt ist in der Betrachtung eines gestreamten Inhalts kaum erzielbar. In diesem stark wachsenden Markt sind daher auch die klassischen Player wie Disney mit eigenen Angeboten präsent. Die Reaktion der etablierten Anbieter wie Netflix: mit großen Budgets das Beste vom Besten zu kaufen. Seit die Kooperation mit Disney beendet wurde, steigen die exklusiven Produktionen und vor allem die Produktionsbudgets anderer Anbieter, allen voran Netflix, exponentiell. Netflix hat innerhalb eines Jahres die Anzahl originär europäischer TV-Produktionen (Feature) von 44 auf 72 gesteigert. Netflix ist damit der größte Auftraggeber für TV-Drehbücher, deutlich vor der BBC, France TV, ARD oder ZDF (Ampere Analytics).
Diese Entwicklungslinien zeigt der Filmwirtschaftsbericht seit Jahren auf. COVID-19 ist also nicht die Ursache, sehr wohl aber ein Beschleuniger der Entwicklung. Politik und Förderlandschaft sind umfassend gefordert, auf diese neue Situation smarte Antworten zu finden, um die europäische Stimme, die österreichische Stimme in der Welt von Film, Fernsehen und digitalen Vertriebsformen, aufrecht zu erhalten.
Sinkende Mittel für Herstellung
In Österreich sind im letzten Jahr einige Entwicklungen aufgefallen, die wir noch genauer analysieren und über einen längeren Zeitraum beobachten werden. So ist für das Jahr 2020 ein deutlich wachsender Anteil der Fördermittel für Institutionen und Infrastruktur und eine kontinuierlich sinkende Dotierung der Herstellung zu bemerken. Die Mittel für die Herstellung sind erstmals unter 70% gesunken, die Ausgaben für Infrastruktur und Institutionen hingegen auf mehr als 23% angestiegen; eine Entwicklung zum Nachteil der Produktionswirtschaft.
Ein zweiter Aspekt in diesem Zusammenhang: innerhalb der Herstellungsförderung ist der Anteil von Kinofilmen von 65% auf 55% gesunken, der TV-Anteil aber von 30% auf 41% gestiegen. Der Fernsehfilm hat damit 2020 um 3 Mio. Euro mehr erhalten als im Jahr davor. Da die Herstellungsförderung seit 2016 insgesamt um 4 Mio. Euro gesunken ist, bedeutet das für den Kinofilm eine erhebliche Einbuße.
Film ist relevanter Wirtschaftsfaktor
Film und Filmwirtschaft können sich aber trotz aller Widrigkeiten stabil behaupten. Mehr als 8.500 Menschen in 2.709 Unternehmen haben annähernd 1,5 Mrd. Euro Erlöse und Erträge erwirtschaftet. So konnte auch im Jahr 2019, aus dem uns die aktuellen Daten vorliegen, ein kräftiges Wachstum verzeichnet werden. Vor allem die unselbständig Erwerbstätigen (also nicht die KMUs) haben deutlich zugelegt und die Filmwirtschaft stimuliert.
124 geförderte Filme im ORF
Für das Fernsehangebot sind Kinofilme mehr denn je attraktive Inhalte. 2020 hat der ORF in den beiden Programmen ORF EINS und ORF 2 in Summe 124 geförderte Kinofilme (elf mehr als im Jahr davor) gezeigt. Damit wurden 14,5 Millionen Seher*innen erreicht, ein absoluter Höchstwert. Vor zehn Jahren waren es noch weniger als fünf Millionen Seher*innen. Zwölf der gezeigten 124 Filme sind bereits 10-mal oder öfter im ORF gezeigt worden. Das spricht für die Repertoirefähigkeit heimischer Kinofilme im ORF.
Insgesamt ist es der Filmwirtschaft gelungen, auch mit Unterstützung der Politik gut durch das Pandemie-Jahr 2020 zu tauchen. Die Branche hat sich als resilient erwiesen. Das gibt Anlass, trotz allem weiterhin positiv in die Zukunft zu blicken!
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