Der Schmetterling als Pionier der Moderne

Eine Wiederentdeckung im Jubiläumsjahr des Folkwang-Museums: Die Schmetterlingssammlung von Karl Ernst Osthaus hat sich in im Naturkundemuseum Münster erhalten.

© Barbara Kiesewetter

Von heute aus, wenn man die Geschichte im Rückspiegel betrachtet, erscheint das 1902 im westfälischen Hagen gegründete Folkwang-Museum als erstes Museum für moderne Kunst. Tatsächlich war es das erste Museum weltweit, das Werke von van Gogh, Matisse, Kokoschka, Schiele oder Marc präsentierte und in seine Sammlung aufnahm.

Und 1912 wurden hier erstmals in einem Museum Gemälde und Skulpturen der französischen Kubisten Henri Le Fauconnier und Alexander Archipenko gemeinsam mit Werken afrikanischer Kunst gezeigt. Dabei hatte der Gründer Karl Ernst Osthaus sein Museum nie ausschließlich als Museum für moderne Kunst verstanden.

Nach einer abgebrochenen kaufmännischen Lehre entschließt er sich zum Studium der Literatur, Ästhetik und Philosophie, und besucht zwischen 1893 und 1898 die Universitäten von Kiel, München, Berlin, Straßburg, Wien und Bonn. 1902 eröffnet er das Museum Folkwang in Hagen.

Aufgewachsen in unmittelbarer Nähe zu den Schornsteinen der Schraubenfa­brik seines Großvaters Bernhard Wilhelm Funcke und ausgestattet mit einer Erbschaft in Höhe von rund drei Millionen Mark, wollte Osthaus der Realität der Fabriken und des „Aufhäufens der Geldsäcke“ entfliehen und sich der Welt des Schönen widmen.

„In schweren Kämpfen habe ich mich streng geprüft und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich eine Befriedigung nur in einem idealen, ja nur in dem idealsten Berufe finden kann, in dem ich den höchsten Gütern der Menschheit, dem Wahren, Schönen und Guten völlig mich widmen kann“, bekannte Osthaus bereits 1892 als Achtzehnjähriger.

Die Schmetterlings- und Insektensammlungen als einstiges Fundament des Museums mochten angesichts der Avantgarde-Geschichte des Folkwang-Museums, das Künstler wie Emil Nolde als „Himmelszeichen im westlichen Deutschland“ empfanden, alsbald trivial erscheinen und gerieten schnell in Vergessenheit.

Tatsächlich hatte man sie schon 1908 ins Depot verbannt, um das Souterrain des Museums für die Aufstellung der von Walter Gropius und Hans Wendland in Andalusien erworbenen spanischen Fliesenkeramik und orientalischen Gefäßkeramik zu nutzen.

Die Farbenpracht der Schmetterlinge war den Glasuren der kunsthandwerklichen Artefakte gewichen: „Man findet da das dunkle Lapislazuli, das leichte Türkisblau, die metallschimmernde hellbraune Lüster-Fayence und das scharfe türkische Rot“, hieß es in einem Museumsführer 1911. Und schon als der Museumskollege Alfred Lichtwark das Folkwang-Museum 1910 besuchte, nahm er an, dass Osthaus sich bereits „von seinen naturgeschichtlichen Sammlungen“ getrennt habe.

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