Jakob Augstein veröffentlicht ersten Roman

Sachbuchautor bekannt. In seinem Romandebüt „Strömung“ geht es um einen Politiker einer namentlich nicht benannten Partei in Deutschland, der ganz nach oben will.

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Franz Xaver Misslinger ist ein Erfolgsmensch. Was ihm in seinen Augen dabei im Wege steht, ist sein Name, weswegen er jede seiner Reden mit dem Satz einleitet, das Scheitern höre bei ihm mit dem Namen auf. Misslinger ist ein mitreißender Redner; unter anderem diese Fähigkeit hat ihn nach oben getragen.

Vom schleswig-holsteinischen Land stammend, trat er als Jugendlicher in jene Partei ein, die sich die Freiheit als Leitprinzip auf die Fahnen geschrieben hat. Der omnipotente Parteivorsitzende und ehemalige Vizekanzler Walter Schergen gehörte früh zu Misslingers Förderern. Nun ist Schergen in die Jahre gekommen, und Misslinger formuliert gegenüber der grauen Eminenz unmissverständlich seine Ansprüche.

„Strömung“ ist kein Schlüsselroman. Zwar hat man bei Augsteins Protagonisten immer wieder Bilder von Christian Lindner vor Augen. Doch die äußeren Lebensdaten – Biografie, Geburtsjahr, Herkunft – unterscheiden sich bei allen Figuren von möglichen realen Vorbildern.

Wenn man die Biografie des Verlegers und Kolumnisten verfolgt, sticht natürlich jetzt dieses Detail heraus. Er erschließt sich mit dem Romanschreiben ein Metier, in dem sein leiblicher Vater schon lange tätig ist:

Martin Walser – einer der bekanntesten Schriftsteller Deutschlands. Augstein, Sohn von „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein, machte vor Jahren die leibliche Vaterschaft öffentlich.

Doch obwohl sein Vater im gleichen Metier tätig ist, spürt Augstein keine Blockade, um zu schreiben. Er sei zu alt. Als er noch jung war, war das sicherlich ein Problem.

Auf rund 300 Seiten entwickelt Augstein die Geschichte des Protagonisten Franz Xaver Misslinger im Jahr 2016. Ein Mann in den Vierzigern, der über sich selbst sagt: „Ich war mal der Shootingstar der deutschen Politik!“ Er will an die Parteispitze. Der Typ ist in einem Ich-Kosmos unterwegs, völlig unsympathisch ist er aber nicht. Es menschelt sehr: Er verheddert sich zum Beispiel, wenn er zeitgleich seiner Frau und seinem neuen Flirt Nachrichten auf dem Handy schreibt.

Sein großes Vorbild in der Partei – Walter, eine Art übermächtige Figur – rät ihm zu einer Rede, die alles im Kampf um die Spitze entscheiden soll. Misslinger begibt sich zum Schreiben auf eine Art Wallfahrt in die USA. Immer wieder kann man aus dem Roman einen religiösen Sound heraushören.

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